Das verschmitzte Lächeln des Thomas Bernhard/Ein Geheimnis
Betrachtet man die Fernsehaufzeichnungen seiner Interviews, Publikumsgespräche, öffentlichen Ehrungen -ganz besonders die des noch jungen Autors Thomas Bernhard oder auch eines seiner späten Interviews in einer aufgewärmten, gelockerten Gesprächsphase, bleibt einem immer wieder ein merkwürdiges Detail in Erinnerung:
Ein kleines, feines Lächeln, das hinter seinem ernsten, denkenden Gesicht plötzlich mitten im Wort aufleuchtet und für den Rest des Satzes ironisch weiter glüht, manchmal sogar länger bleibt, für einen ganzen thematischen Abschnitt oder es irrlichtert weiter und taucht auf und unter, von Frage zu Frage, von Behauptung zu Behauptung. Ganz so, als könne er es selbst kaum fassen, dass der Journalist ihn so ernst nimmt, ihm respektvoll wirklich so viel Zeit und Raum gibt für laute Reflexion. Die Fragen, die jener seinem Interviewpartner Bernhard zögerlich, ehrfürchtig tastend zuschiebt, lassen den Dichter verhalten grinsen, wie ein ungezogener Bub, dem ein schlimmer Streich gelungen ist: spielt er uns den seriösen Autor nur? Lacht er über sich und sein gläubiges Publikum? Bis man zu verstehen beginnt, dass dieses Lächeln auftaucht, wenn er sich selbst und seiner schöpferischen Kraft am nächsten ist, es ist die reine Lust am Wort, die Freude am Geistesblitz, an der Erfindung des Augenblicks.
Dieser vitalen, nahezu kindlich-spielerischen Seite an Bernhard begegnet man in Interpretation und Betrachtung seines Werks nur sehr selten - und doch ist es eine wichtige Spur auf der Suche nach der elementaren Kraft, die ihn eines Tages das Ruder herumreißen ließ, heraus aus dem Elend seiner Kindheit, hinein in die kompromisslos erwachsene Selbstbestimmtheit. Der Humor. Das Lachen zwischen den Zeilen.
DER KELLER. Eine Entziehung enthüllt wie kaum ein anderer Roman warum Thomas Bernhard der werden konnte, der er war.
(Text von Doina Weber)