Es ist eine Geschichte. Eine Geschichte über eine Liebe, eine Geschichte über die Welt, in der es sie gab.
Denn die lebenslange Liebe zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger – zwischen zwei bedeutenden Theoretikern des 20. Jahrhunderts, zwischen einer Frau und einem Mann, deren Denkwelten sich so sehr beeinflussten, wie sie sich widersprachen – diese Liebe gab es. Sie fand statt. Weil sie von beiden erlebt und geglaubt wurde, errang sie sich ihre Existenzberechtigung abseits aller gesellschaftlicher und politischer Verhältnisse, die sie verunmöglichten, aber auch abseits der unterschiedlichen philosophischen Diskurse in Heideggers stetiger Frage nach dem Sein und Arendts unbeugsamer Frage nach der politischen Freiheit.
Savyon Liebrechts Theaterstück, das im Titel auf Arendts Schrift Eichmann in Jerusalem. Ein Bericht von der Banalität des Bösen anspielt, schafft zwei Ebenen. Die Gegenwartsebene folgt einer fiktiven Begegnung zwischen der 69jährigen Hannah Arendt in New York und einem israelischen Studenten, der sie interviewt. Im Laufe der Befragung entfaltet sich nicht nur seine fanatische, in diesen Jahren auch durchaus gängige Kritik an Arendts politischer Haltung, sondern auch seine persönliche Leidensgeschichte, aufgrund derer er glaubt, sie verurteilen zu können. In dieser für ihren konsequenten Kampf um verantwortliches Handeln des Individuums gleichsam symbolisch stehenden Gegenwart, verteidigt sich Arendt beinahe mühelos.
Die Erinnerungsebene stellt dagegen die komplexere Wirklichkeit einer lebenslangen Beziehung dar: Die Begegnung zwischen der 18jährigen, jüdischen Studentin Hannah Arendt und dem 35jährigen Philosophieprofessor Martin Heidegger um 1924 in Marburg.
Regisseur Michael Gruner sucht die Brüche entlang dieser Geschichte im Inhaltlichen wie im Formalen zu ergründen. Diese Liebe war wirklich. Zwei Menschen, denen es um die Bewahrung der Liebe und des wahren Denkens ging, denen der Glaube an Werte und das Vermögen sie umzuwerfen gegeben war. Warum vermochten sie ihre Liebe nicht zu leben? Sind sie tatsächlich an den Verhältnissen gescheitert? Ganz abgesehen von allem, das möglicherweise in der Welt gegen eine solche Liebe stehen mag, ist es vielleicht doch das Individuum selbst, das die Bereitschaft dazu nicht hat. Das Substanzlose des Bösen, des Banalen, des Schwachen, des zur Liebe-Nicht-Fähigen wäre demnach in allen Gegenwarten verortet.
PRESSESTIMMEN:
Die wahrhafte Schönheit einer in Teilen großen Aufführung erweist sich in Details [...] Erkenntnisse glimmen auf in dieser Inszenierung, die klug zu nennen untertrieben wäre. (Der Standard)
Neuerlich empfiehlt diese Aufführung voll schlagfertiger Dialoge den Nestroyhof, in dem einst ein jüdisches Theater war, als Ort, wo in künstlerisch attraktiver Weise Vergangenheit und Gegenwart erforscht werden. (Die Presse)
Das Stück "Die Banalität der Liebe", in dem die israelische Autorin Savyon Liebrecht den Beginn und das Ende der Jahrhundertaffäre zeigt, ist dramatische Konfektionsware. Dass die österreichische Erstaufführung darüber hinausgeht, liegt daran, dass Regisseur Michael Gruner nicht nur einen guten Namen hat, sondern auch wirklich gut ist. Seine zart surreale, leichtfüßig tänzelnde Inszenierung bringt das biedere Stück zum Schweben und die Schauspieler – allen voran die irrlichternde Juliane Gruner als Arendt – zum Leuchten. Keine Frage: Das muss Liebe sein. (Falter)
Juliane Gruner glänzt in dieser Aufführung als Hannah Arendt, der sie sowohl jugendlichen Duktus und eine unglaubliche Verspieltheit als Studentin zu verleihen vermag, wie sie auch eine Abgebrühtheit sowie einen Anfall von Resignation parallel zur jeder Zeit vorhandenen Bestimmtheit und Selbstbeherrschung als 69-jährige Frau vermittelt. (APA)
Wie man unglaublich komplexe Sachverhalte geschickt, aber nicht primitiv in ein Stück Theater komprimieren kann, das Diskussionsstoff bis zum Sankt Nimmerleinstag liefert – hier kann man es erleben. (Der Neue Merker)