Der 9. November 1938 markiert einen der dunkelsten Tage der europäischen Geschichte. Zum 85. Jahrestag der Novemberpogrome wird der jüdischen Opfer gedacht. An diesem Tag wurde das Tor von Auschwitz aufgestoßen, so Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern.
Zum Gedenken an die Opfer von Gewalt und Terror und als Mahnung gegen das Vergessen sprechen Dr. Gerhard Schmid, Gemeinderat und Landtagsabgeordneter der Stadt Wien, Mag. Christoph Zich, Bezirksvorsteher-Stellvertreter des Bezirkes Leopoldstadt, und Dr. Jochen Böhler, Direktor des Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien (VWI).
Die Grausamkeit im Dritten Reich hatte viele Gesichter. Eines davon war das komplette Aufführungsverbot der Werke von Komponist*innen – sei es aufgrund ihrer Herkunft, Gesinnung oder sexuellen Orientierung. Um ihre Kunst abzuwerten, wurde diese mit dem Begriff entartet belegt.
Einigen verfolgten Künstler*innen gelang es, ins Exil zu fliehen, wo sie ihre künstlerische Arbeit fortsetzten. Anderen war dies nicht vergönnt, sie fielen der nationalsozialistischen Verfolgung zum Opfer. Ihre Musik, die teilweise nach wie vor unbekannt ist, wird hier vorgestellt. Insbesondere werden auch Kompositionen von Frauen, die zu dieser Zeit doppelt diskriminiert wurden, ins Programm aufgenommen.
Das titelgebende Lied Dunkler Tropfe von Paul Hindemith stammt aus dem 1917–1919 komponierten Liederzyklus MELANCHOLIE, op. 13. In diesen auf Morgenstern-Gedichten basierenden Liedern manifestiert ist Hindemiths früher expressionistischer Stil, wegen dem er von den Nazis verfolgt wurde. Dunkler Tropfe ist ein Trauermarsch.
Das Programm umfasst Werke von Henriette Bosmans, Vítezslava Kaprálova, Rosy Wertheim, Victor Ullmann, Simon Laks, Franz Waxman, Erich Zeisl sowie Paul Hindemith und Wolfgang Erich Korngold. Ihre Kompositionen sind unter seelisch schwierigen Umständen auf der Flucht, in der Haft oder im Exil entstanden, Sehnsucht und Melancholie, auch mit einem nostalgischen Blick zurück nach dem verlorenen Europa, ihrer Heimat, haben sie dabei begleitet.
Ergänzt wird das Programm mit zwei zeitgenössischen Kompositionen junger Komponisten zum Thema: Ein Trio für Klavier, Violine und Cello Hommage à Alban Berg von Jerzy Fryderyk Wojciechowski sowie eine eigens von Adrian Gaspar für uns arrangierte Version der Arie Suno aus der Oper Rromano Kidipe.
Die dunklen Zeiten sind gefährlich. Auch heute noch. Wie oft werden sie zitiert in Reden und Aufsätzen, es hat etwas Märchenhaftes und Gruseliges. Wer fürchtet sich nicht in der Dunkelheit. Wer nicht Nationalsozialismus sagen will, der spricht von den dunklen Zeiten. Die Zeiten waren mörderisch, sie waren grausam, sie waren fürchterlich, das alles ist mehr als dunkel. Die Dunkelheit hat auch ein gutes, in der Dunkelheit sieht man weder Opfer noch Täter. Wird vielleicht deshalb so oft über die dunklen Zeiten gesprochen, wenn der größte Massenmord gemeint ist? Eines muss immer klar sein. Der Nationalsozialismus war sicherlich kein Stromausfall.
Es waren dunkle Zeiten von Dr. Robert Streibel
Dauer des Programmes: ca. 1,5 Stunden, Änderungen vorbehalten
Gedenkfeier: 9. November 2023, 19:30 Uhr
Mit besonderem Dank an BÖSENDORFER.
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