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Interview mit Ingrid Lang / Hamakom

Interview mit Ingrid Lang

Über tote und lebende Autoren, die Möglichkeit des Scheiterns und Genauigkeit in der inszenatorischen Arbeit.

Ingrid Lang im Gespräch mit Patrick Rothkegel

Ingrid Lang

Die letzten Stücke, die du inszeniert hast, waren von bereits verstorbenen Autoren - Pasolini und Albert Drach. Wie erlebst du im Gegensatz dazu die Arbeit an dem Text eines lebenden und noch dazu in Wien verweilendem, freundschaftlich verbundenen Autor?

Sehr angenehm. Mit dem Drach und dem Pasolini hab ich mich ja zuweilen auch ganz gut unterhalten, mich oft bedankt, ihnen Fragen formuliert, sie angeschrien, mich entschuldigt wenn ich dekonstruieren musste, aber das Echo ist halt ein anderes. Das ist schon sehr erfreulich, dass der Philipp lebt. Da kann man sich zusammen und auseinandersetzen, aneinander reiben und Funken machen, inspirieren und in Konflikten Lösungen finden und Fragen werden nochmal ganz anders beantwortet. Und so ist mein Emailkonto derzeit angefüllt mit großartigen, klugen Texten. Schön.

Was interessiert dich an dem Text besonders?

Er wird spannender, je länger man in ihn eintaucht. Das muss ein guter Text können. Ein bisschen verrückt ist das alles auch. Überfordernd, so wie das Thema mit dem er sich beschäftigt. Und es ist schon etwas anderes einen alten Text auszugraben und Parallelen zur Gegenwart zu suchen oder sich im Jetzt zu bewegen. Und was mich erschreckt und berührt ist, dass die von Philipp gemalten Zukunftsbilder viel näher an unserer Gegenwart sind, als man im ersten Moment glauben will. 

Wie würdest du im Moment (die Frage wurde nach der ersten Probenwoche gestellt) deinen inszenatorischen Zugriff beschreiben?

Ich habe mich nach der Verbindung dieser drei Zukunftsvisionen gefragt. Was verbindet die Utopie mit der Dystopie. Die Notwendigkeit des Imaginierens und des Erinnerns meine ich. Das steht auch im Text, wenn man ihn genau liest. Wir müssen uns erinnern, um zu wissen, wer wir sind. Auch an Unangenehmes muss man sich erinnern. Verdrängung macht nur da Sinn, wo sie überlebensnotwendig ist. Wir müssen uns erinnern, um von da aus weiterdenken zu können. Um immer wieder neu denken zu lernen, Veränderung zu ermöglichen. Und wir müssen es gemeinsam tun.

In wie fern unterscheidet sich die Arbeit an „Der letzte Mensch" von deinen bisherigen Inszenierungen?

Ich erfinde mehr auf der Probe, als in den anderen Arbeiten. Der Text braucht einen poetischeren, sinnlicheren Zugriff, meine ich. Er beschäftigt sich mit unserer unmittelbaren Zukunft, mit Ängsten, die aufgrund des Zustands der Welt in uns hineinkriechen oder auch schon angekommen sind. Wir müssen imaginieren, erfinden und erspüren. Das ist ein neues Terrain für mich. Ich denke ich arbeite diesmal intuitiver als in meinen vorherigen Inszenierungen. 

Du bist auch Sängerin und schließt manchmal die Augen auf den Proben und inszenierst nach Gehör. Was bedeutet für dich Musikalität im Theater und findest du eine Musikalität in Philipps Text?

Ja unbedingt. Philipps Text ist sehr musikalisch. Der hat sich ja auch schon mit Musik beschäftigt und das spürt man, das ist sehr angenehm. 

Du arbeitest sehr genau. Jeder Moment in deinen Inszenierungen ist, soweit die Zeit es erlaubt, genauesten durchkomponiert und erprobt. Für „Der letzte Mensch" sind über acht Probenwochen angesetzt und am liebsten wäre dir, du hättest ein Jahr Zeit. Was bedeutet Genauigkeit im Theater für dich?

Sehr viel. Es ist ja alles immer wichtig, was auf so einer Bühne passiert. Jeder Blick, jede Kopfbewegung macht einen Unterschied. Der Rhythmus, der Klang der Stimmen, die Physis der Schauspielerinnen, die Genauigkeit im Denken. Das ist aber eben eine Zeitfrage was man da schafft. Man braucht auch immer einige Zeit um sich kennen zu lernen, herauszufinden wer wie funktioniert und was die Person dann braucht, um das Möglichste für die Arbeit zur Verfügung zu stellen. Ja, ich sehne mich nach langen Produktionszeiten. Das würde mir Spaß machen, in einen längeren Prozess mit dem Team zu gehen. 

Wie würdest du die ideale Probenatmosphäre beschreiben?

Angstfrei

Was magst du im Theater und was magst du nicht, wenn du selber zuschaust?

Ich mag es, wenn sich Theaterleute riskieren. Wenn der Inhalt und die Suche nach Wahrhaftigkeit im Vordergrund stehen. Gefälligkeit ist tödlich. Das langweilt mich. Ich mag stark formale Übersetzungen, das macht mir Spaß beim Zusehen. Wenn man versucht die Möglichkeit des Scheiterns auszuschließen ist das Resultat auch langweilig. Das ist kein kreativer Prozess.

Was kann eine Imagination der Zukunft für unsere Gegenwart bedeuten?

Gepaart mit dem genauen Durchforsten des Gedächtnisses, eine Chance. Wir machen das eh ständig. Ich imaginiere mir ja auch zum Beispiel was ich am Abend tun werde oder besonders gerne tun würde. Und würde ich mir nicht vorstellen, was ich will und dementsprechende Handlungen setzen, um dieses Ziel zu verfolgen, dann würde der Abend höchstwahrscheinlich komplett anders verlaufen und nicht so, wie es mir angenehm ist. Bevor ich eine bestimmte Speise koche, muss ich sie mir auch vorstellen. Also wir imaginieren permanent unsere Zukunft. Dystopische Visionen sind in den letzten Jahren unglaublich häufig anzutreffen. Unzählige Fernsehserien, Filme und Bücher beschäftigen sich mit Dystopien. Wir müssen uns gemeinsam vorstellen, wie wir es eigentlich haben wollen. Zum Beispiel stelle ich mir vor, dass es wunderbar wäre, wenn mein Sohn in einigen Jahrzehnten eine Wasserleitung aufdreht und seinen Durst stillt. Und dann stelle ich mir vor, dass Menschen, die diesen Luxus derzeit nicht haben dann ebenso eine Wasserleitung aufdrehen und ihren Durst stillen. Aber ich bin zu wenige. Wäre allein diese Bild ein kollektives, könnten wir gemeinsam so handeln, dass dieser utopische Gedanke Realität wird. 

Greta Thunberg nennt die Erderhitzung die „größte Gefahr, der die Menschheit jemals gegenüberstand". Stimmst du ihr zu?

Die größten Gefahren sind die Dummheit, das Streben nach Macht, die Bequemlichkeit und die Gier. Gegen die Erderwärmung könnte man ja Maßnahmen ergreifen. Radikal müssten sie sein, denn die Zeit drängt. Auf unserem derzeitigen Wissensstand wären wir in der Lage zu reagieren. Das müsste halt auf politischer Ebene auch durchgeführt werden. Es gibt ja genug Leute, die sich darüber seit längerem Gedanken machen und Lösungsvorschläge haben. Aber oben genannte vorherrschende Eigenschaften lassen das im schlimmsten Fall eventuell nicht zu. 

Wie erlebst du eure Zusammenarbeit bisher?

Aufregend, in positivem Sinne.